Abschlussbericht der ASA Nordphase

Von April bis Juli waren unsere beiden ASA-Stipendiatinnen Anna und Eva in Deutschland und haben sich im Rahmen des SüdNord-Programms für Welwitschia engagiert. Bevor es bald mit der Südphase in Namibia weitergeht fassen sie hier die Aktivitäten, Erlebnisse und Erfahrungen für euch zusammen. Wir bedanken uns für euer Engagement und freuen uns schon sehr auf die gemeinsame Zeit mit euch in Namibia

Hier in Deutschland wirkt der afrikanische Kontinent weit weg. Beziehen wir uns auf die Medien, dann sind die afrikanischen Länder ein Paradies für Tiere, aber kein schöner Platz für Menschen: Armut, Hunger, Epidemien und Krisen prägen das tägliche Leben. Jede Menge schlechter Nachrichten und Dokumentationen über den “wilden Kontinent” erreichen uns – und liefern ein nicht vollständiges Bild und oft falsche Vorstellungen. Und obwohl wir mit manchen Ländern eine gemeinsame Geschichte teilen, ist unser Wissen darüber manchmal nur sehr gering.

Als deutsch-namibisches Team haben wir, Eva Shitaatala und Anna-Paloma Sasse, öffentliche Vorträge und Workshops in verschiedenen Schulformen und unterschiedlichen Klassenstufen gehalten, in denen wir uns mit genau diesem Thema auseinander gesetzt haben, aber auch über das politische und Bildungssystem sowie über die koloniale Vergangenheit Namibias – die Grundlage der aktuellen Debatte um die Anerkennung des Völkermordes an den Nama und Herero Anfang des 19. Jahrhunderts ist – gesprochen.

Workshops an Schulen

Die Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialvergangenheit findet nicht in allen Schulen statt. Doch wie ein Blick in die Zeitung zeigt, handelt es sich bei der deutsch-namibischen Verbindung nicht um etwas, das sich auf die Vergangenheit beschränkt. Aber wie viel wissen Schüler eigentlich über das Land? Genau mit dieser Frage sind wir in unsere Workshops eingestiegen und haben durchgängig ein einheitliches Bild bekommen: Wir wissen „wenig“ bis „gar nichts“. Doch wenn wir anschließend gefragt haben, was sich die Schüler vorstellen, wenn sie an Namibia denken, dann haben wir zahlreiche Begriffe genannt bekommen, mit denen wir ein anschauliches Bild über die Vorstellungen der Schüler an die Tafel gebracht haben. Besonders bei jüngeren Schülern entsprachen die Aussagen der „typischen“ Vorstellung vom armen Kontinent, wo Kinder nicht zur Schule gehen und die Menschen keinen Strom haben; wo Menschen in Häusern ohne Türen leben und Hunger leiden.

Die Konzeption unserer Workshops zielte darauf ab, das Bild von Namibia in Deutschland zu diversifizieren, sowie über die historische wie auch aktuelle Beziehung zwischen Deutschland und Namibia aufzuklären. Wir wollten den Schülern aber nicht vermitteln, dass ihre Vorstellung falsch ist, sondern dass sie vielmehr unvollständig ist. In einer kurzen Präsentation zu Beginn jedes Workshops zeigten wir ein vielfältigeres Bild über Namibia auf und haben dabei auch nicht die Schattenseite „Armut“ unter den Teppich gekehrt. Durch die interaktive Gestaltung gaben wir Raum, in dem sich die Schüler selbst darüber bewusst werden konnten, welch einseitiges Bild hier in Deutschland ankommt, und dass sie sich Gedanken darüber machen, welche Auswirkung eine einseitige Sichtweise auf unseren Alltag haben kann.

Die Schüler waren häufig überrascht, Seiten von Namibia kennenzulernen die so gar nicht ihrer Vorstellung entsprechen und fanden es spannend, Informationen zu dem Land zu erhalten, in dem noch heute so viele Überbleibsel der deutschen Kolonialzeit im täglichen Leben zu finden sind. Und trotz der Herausforderung den 90minütigen Workshop auf Englisch zu folgen, zeigten die Schüler viel Interesse – auch wenn die Sprache manchmal hinderlich war, eine lebhafte Diskussion zu führen.

Vorträge

Welwitschia – Bildungsinitative für Namibia e.V. unterstützt junge NamibierInnen auf deren Bildungs- und Karriereweg. Doch wie genau sieht die Bildungssituation in Namibia aus? Seit der Unabhängigkeit versucht das Land viel, die negativen Hinterlassenschaften der Bantu Education zu überwinden und investiert viel in das Bildungssystem. Mit Rückblick auf den geschichtlichen Hintergrund haben wir in verschiedenen Vorträgen an Universitäten und öffentlichen Einrichtungen einen Überblick über Errungenschaften, aber auch über noch immer bestehende Herausforderungen gegeben.

Deutschlandweit unterwegs, ging es neben diesem Thema aber auch um den Umgang mit Stereotypen in der Bildungsarbeit, das politische System in Namibia und die deutsch-namibische Beziehung.

ASASeminare

Wichtiger Bestandteil des ASA-Programms sind die mehrtägigen Seminare. Zwei Mal für sechs Tage nahmen wir mit etwa 60 anderen ASA-TeilnehmernInnen an den Seminaren teil.

Ein zentraler Punkt in der Vorbereitung für den bevorstehenden Auslandsaufenthalt ist es, über globale Machtstrukturen aufzuklären und es den ASA-TeilnehmerInnen zu ermöglichen, die eigene Position im globalen Gefüge zu reflektieren und sich der eigenen Rolle bewusst zu werden. Dabei wurde stark Bezug auf den strukturellen Rassismus (nicht gleichzusetzen mit Rechtsextremismus) genommen und verschiedene Themen, die mit Diskriminierung und Privilegien in Verbindung stehen, besprochen. Gleichzeit gaben die Seminare Raum für eigene Lernerfahrung und den Austausch mit anderen TeilnehmerInnen aus dem globalen Norden und Süden.

Interkulturelle Begegnung

Als internationales Tandem war es unser Ziel, auf Augenhöhe miteinander zu arbeiten, uns zu ergänzen und voneinander zu lernen. Die intensive Zeit zusammen war nicht immer reibungslos, doch über das Zusammentreffen zweier Menschen, die gemeinsam das Projektpraktikum durchleben, haben sich auch zwei Menschen gefunden, die miteinander reisten, kochten, lachten und diskutierten und Freunde wurden.

Aber nicht nur auf persönlicher Ebene ist ein solches interkulturelles Team eine Bereicherung. In den Workshops und Vorträgen war es sehr wertvoll, dass nicht nur jemand aus Deutschland über Namibia, sondern jemand vom eigenen Land berichten kann. Es war zu merken, dass es eine besondere Chance war, Fragen aus erster Hand beantwortet zu bekommen und gab besonders in den Schulklassen den Gesprächen eine andere Gewichtung. Besonders die Frage einer Schülerin an Eva blieb uns dabei im Gedächtnis: „Wie geht es dir damit, wenn wir so falsche Dinge über dein Land denken?“.

Herausforderungen

Welwitschia – Bildungsinitiative für Namibia e.V. ist ein sehr junger und noch recht unbekannter Verein, und die Auseinandersetzung mit Themen die in Verbindung mit Namibia stehen scheinen oftmals sehr speziell, weshalb das Interesse an unserer Arbeit oft nicht auf großen Rücklauf stieß. Dadurch war es schwierig, Termine in Schulen zu bekommen und wir uns auf persönliche Kontakte beziehen mussten. Auch bei den Vorträgen waren oftmals nur wenige Zuhörer anwesend.

Und auch zwischenmenschlich lief nicht immer alles reibungslos. Doch ganz im Sinne von ASA Programm als Lernprogramm, konnten wir alle aufkommenden Schwierigkeiten gut meistern, indem wir offen miteinander kommuniziert und Lösungen gesucht haben – und Schwierigkeiten zu wertvollen Lernerfahrungen wurden.

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